Glasfaser vor dem Durchbruch

Quelle: Osterholzer Kreisblatt / Bernhard Komesker, Freitag 20.01.2023

Landkreis OHZ – Samtgemeinde Hambergen – Gemeinde Lübberstedt

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Eigenwirtschaftlicher Ausbau

Glasfaser vor dem Durchbruch

Netzanbieter plant kreisweit bis zu 20.500 Anschlüsse, wenn mindestens jeder dritte Eigentümer zustimmt

Landkreis Osterholz. Von den 41.000 Haushalten im Landkreis Osterholz verfügen bislang kaum 17.000 über einen direkten Glasfaser-Anschluss (FTTH). Wenn es nach der Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser geht, kommen in den nächsten zwei, drei Jahren bis zu 20.500 Hausanschlüsse hinzu. Voraussetzung ist, dass genügend Gebäudeeigentümer in diesem Frühjahr ihr Interesse bekunden und zusagen, sich ab Freischaltung für mindestens zwei Jahre an den Internet-Provider zu binden. Dann gibt es den Glasfaser-Hausanschluss kostenlos; die Benutzungsgebühr summiert sich in den ersten 24 Monaten auf 840 Euro; Telefonie und maximale Bandbreite kosten extra. 

Der Landkreis Osterholz und seine Mitgliedsgemeinden unterzeichneten in dieser Sache am Donnerstag einen Kooperationsvertrag, an dessen Zustandekommen das Breitbandkompetenzzentrum maßgeblich beteiligt war. Zentrumsgeschäftsführer Peer Beyersdorff und die Vertreter aus den Rathäusern haben sich mit dem Giganetz-Anbieter auf kreisweit acht, teils gemeindeübergreifende Ausbaugebiete verständigt. Mit Inseraten, Info-Veranstaltungen und Postwurfsendungen soll von März bis Mitte Juni die Nachfrage in den Gebieten abgefragt und gebündelt werden.

Wenn in dieser Vorvermarktungsphase mindestens 33 Prozent der Adressen eines Projektgebiets zusammenkommen, dann wird dort in überschaubarer Zeit auch gebaut. Das verspricht Ernst-Dietrich Braetsch, der bei dem Borkener Glasfaser-Unternehmen für die Gebietsentwicklung in Norddeutschland zuständig ist. Sein Kollege Marco Buchholz, der die kommunalen Kooperationen managt, mag sich auf Nachfrage der Redaktion noch nicht monatsgenau festlegen, wann die ersten Bagger anrollen. „Wir gehen schrittweise vor.“ Das habe mit dem Wettbewerb zu tun, der die Konkurrenz sonst zu Doppelverlegungen oder bloßen Ausbau-Ankündigungen verleiten könnte.

Lütjen: Ein echter Meilenstein

Gemessen am Tempo anderer Gegenden, könnte die Deutsche Glasfaser mit der Verlegung der ersten Lichtwellenleiter im Osterholzer Kreisgebiet durchaus noch in diesem Jahr beginnen. „Je größer die Nachfrage ist, desto schneller legen wir los“, sagt Buchholz, während Projektmanager Oliver Prey hinzufügt, Kosten entstünden dem Kunden erst nach Verlegung und Freischaltung des Anschlusses. Für die Kommunen und Landrat Bernd Lütjen liegt der besondere Charme des Angebots genau darin, dass die öffentliche Hand auf den Markt setzten kann und keine Steuermittel benötigt. „Für die Breitbandversorgung in der Fläche wäre es ein echter Meilenstein“, sagt Landrat Bernd Lütjen.

Weil sich der eigenwirtschaftliche Ausbau in dünn besiedelten Gebieten nicht rechnet, hilft der Staat mit millionenschweren Förderprogrammen nach, so etwa auch im Fall von 1600 unterversorgten Adressen im Landkreis Osterholz, die der Oldenburger Anbieter EWE noch in diesem Jahr anbinden will. „Diese Verfahren sind sehr kompliziert, langwierig und teuer“, betont Lütjen. Die betreffenden Eigentümer der 1600 Immobilien werden von der Deutschen Glasfaser nun ebenso wenig umworben wie die verbleibenden 3500 Adressen, die anschließend ein Fall für die sogenannte Graue-Flecken-Förderung bleiben könnten. Deren Erschließung wird umso günstiger, je näher der westfälische Anbieter seinem Ziel der knapp 20.500 Adressen nun kommt.

Investition in die Zukunft

Planungsdezernent Dominik Vinbruck sagt, es werde spätestens 2024 zu prüfen sein, ob es zu vertretbarem Aufwand möglich sei, jedes entlegene Gebäude anzubinden. Die Fördermodalitäten seien derzeit noch unklar. Beim aktuellen Projekt der Deutschen Glasfaser handelt es sich um eine Mischkalkulation. Die Investition dürfte sich auf mindestens 50 Millionen Euro summieren. Vinbruck hofft, dass die Bürger auch über den Tellerrand blicken, selbst wenn sie persönlich zurzeit noch keine größeren Bandbreiten brauchen. Im Seniorenalter könne auch Telemedizin ein Thema werden, so Vinbruck. Ein Glasfaser-Anschluss steigere den Wert einer Immobilie – so wie schnelles Internet aus kommunaler Sicht auch ein Standortfaktor sei, der zur Daseinsvorsorge beitrage.

„Es geht um gesellschaftliche Teilhabe“, bekräftigt Peer Beyersdorff und verweist zudem auf die geringeren CO2-Emissionen von Glasfaser im Vergleich zu Kupfer-DSL. „Auch Geschwindigkeiten von einem Gigabit werde noch nicht das Ende der Fahnenstange sein“, prophezeit der Breitband-Fachmann. Beim Zuschnitt der acht Projektgebiete sei mit den Bürgermeistern auch schon an künftige Neubausiedlungen gedacht worden.

Die Deutsche Glasfaser schultere mit ihrem Vorhaben im Kreisgebiet allein mehr als 10.000 Adressen, die heute mit weniger als 100 MBit pro Sekunde surfen können und damit andernfalls ein Fall für den geförderten Ausbau werden könnten. Am Ende könnte der Landkreis Osterholz mit einer Gigabit-Quote von 91 Prozent aller Adressen auf dem landesweit dritten Platz knapp hinter Diepholz landen.

ZUR SACHE

Optimismus in den Rathäusern 

Erwartungsfroh sehen die Kommunalverwaltungen aus dem Kreisgebiet dem Ausbauprojekt der Deutschen Glasfaser entgegen. Grasbergs Bürgermeisterin Marion Schorfmann sagt, Politik und Verwaltung müssten deutlich machen, dass und warum es nun drei Zielgruppen bei den unterversorgten Gebäuden gebe: die des eigenwirtschaftlichen Ausbaus der Deutschen Glasfaser, diejenigen in geförderten EWE-Gebieten und die, für die noch keine baldige Lösung in Sicht sei.Ihre Schwaneweder Amtskollegin Christina Jantz-Herrmann bekräftigt, es komme auf die Bürgerinformation an. Die Deutsche Glasfaser plant nach eigenen Angaben den baldigen Aufbau örtlicher Anlaufstellen, wie es zuletzt auch mit Servicepunkten in Beverstedt und Hagen praktiziert wurde. Nach Ablauf von zwei Jahren dürfen auch andere Anbieter das Netz nutzen, das nun gebaut werden soll.Hambergens Samtgemeindebürgermeister Gerd Brauns hat schon mal nachgezählt: 2700 Adressen erhalten in seinem Beritt nun die Chance auf einen kostenlosen Hausanschluss. Sein Ritterhuder Kollege Jürgen Kuck ist ähnlich hoffnungsfroh. „Wir können in unserer Gemeinde jetzt 95 Prozent Gigabit-Anschlüsse erreichen.“ Baudezernent Manuel Reichel aus Osterholz-Scharmbeck ist zuversichtlich, dass im Stadtgebiet das 33-Prozent-Ziel erreicht wird. Worpswedes Bürgermeister Stefan Schwenke zeigt sich einerseits erleichtert, andererseits aber auch besorgt wegen der Baustellen. „Es wird viel gebuddelt werden müssen“, sagt er. Auch Landrat Bernd Lütjen erinnert an die Bürger-Beschwerden des Vorjahres. Seinerzeit hatten Bautrupps einige Straßen und Wege in Lilienthal, Schwanewede und der Kreisstadt nach den Arbeiten schadhaft hinterlassen (wir berichteten).Die Glasfaser-Vertreter versprechen ein schonendes Vorgehen mit Absprachen, Begehungen und Abnahmen. In jeder Kolonne werde mindestens der Polier über ausreichende Deutsch-Kenntnisse verfügen; die Längs-Trassen seien in der Regel am selben Abend wieder verfüllt. 

Bernhard Komesker

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